Wer entscheidet eigentlich im Ernstfall darüber, wie es weitergeht – dann, wenn man das selbst nicht mehr kann? Entgegen landläufiger Meinung ist es nicht die nahestehende Familie. Denn wer keine Vorsorgevollmacht besitzt, der bekommt vom Gericht einen gesetzlichen Betreuer zugesprochen, der über die Wohnungssituation entscheidet, die Gesundheitsfürsorge regelt und Vermögenswerte verwaltet. Will man lieber von jemand Vertrautem umsorgt werden, sollte man sich rechtzeitig um eine Vorsorgevollmacht kümmern. Mit dieser bestimmt man eigenständig eine/n Betreuer/in für Ernstfall.
Bei der Vorsorgevollmacht handelt es sich um ein Dokument, das rechtlich bindend den eigenen Willen erklärt. Hierin wird für den Fall, dass man aufgrund von Krankheit oder Unfall keine eigenen Entscheidungen mehr treffen kann, festgehalten, wer diese Entscheidungen rechtsgültig fällen darf.
Die Vorsorgevollmacht definiert also, wer die eigene Betreuung übernimmt und organisatorische Belange des Alltags regelt. Dazu gehören beispielsweise Antragstellungen bei Kranken- oder Pflegekasse, die Kündigung des Mietvertrages oder der Abschluss eines Betreuungsvertrages in einem Pflegeheim.
Auch für die Zuteilung eines Pflegegrades oder die Einrichtung eines Hausnotrufs setzt sich – bestenfalls – die in der Vorsorgevollmacht festgelegte Person ein.
Viele Vorsorgevollmacht-Muster kategorisieren die Aufgaben in bestimmte Bereiche: Es ist möglich, für jeden Teilbereich eine separate Person zu benennen. Diese Bereiche können etwa die Vermögensangelegenheiten, Gesundheitsfürsorge, Post- und Fernmeldeverkehr, Behörden und Gerichte sowie Aufenthalts- und Wohnungsangelegenheiten sein.
Auch für den Todesfall sollte eine Regelung in der Vorsorgevollmacht getroffen werden.
Die Vorsorgevollmacht hat einen Vertragscharakter und begründet eine rechtsgültige Beziehung zwischen dem Vollmachtgeber, also der Person, die die Vollmacht ausstellt, und dem Bevollmächtigten. Das ist die Person, die zukünftig die Betreuung übernehmen soll. Grundlage hierfür ist der Paragraf 164 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).
Eine Vorsorgevollmacht sollte die folgenden übergeordneten Fragen klären:
Die Vorsorgevollmacht wird erst wirksam, wenn der Vollmachtgeber tatsächlich entscheidungsunfähig ist. Darüber entscheidet im Zweifel ein Gericht auf Basis eines medizinischen Gutachtens. Das bedeutet, Sie können die Vorsorgevollmacht bedenkenlos schon vorsorglich aufsetzen – solange Sie nicht entscheidungsunfähig sind, behalten Sie die volle Kontrolle über Ihre Angelegenheiten.
Ist im Dokument keine Zeitangabe getroffen worden, erlischt die Vollmacht mit dem Tod des Vollmachtgebers. Man kann auch einen bestimmten Zeitraum angeben, etwa, wenn die Bevollmächtigung für die Dauer eines künstlichen Komas gelten soll. Es ist allerdings sinnvoll, die Vollmacht bis über den Tod hinaus zu erteilen, denn sonst darf die betreuende Person keine Angelegenheiten rund um das Begräbnis oder die Wohnungsauflösung nach dem Tode regeln.
Um eine Vorsorgevollmacht erteilen zu können, muss die vollständige Geschäftsfähigkeit vorliegen. Das bedeutet, die Person muss mindestens 18 Jahre alt und im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte sein. Im Zweifelsfall sollte man sich durch einen Notar oder einen Arzt die Geschäftsfähigkeit bescheinigen lassen.
Jede volljährige, geschäftsfähige Person kann Bevollmächtigter werden. Das kann (muss aber nicht) eine vertraute, befreundete Person oder ein Familienmitglied sein. Es können auch mehrere Personen in der Vorsorgevollmacht benannt werden. Für den Fall, dass die erstbenannte Person nicht entscheiden kann oder will, ist das sogar sinnvoll. In diesem Fall ist es ratsam, eine Reihenfolge zu benennen, in der die Personen bevollmächtigt werden sollen.
Es ist möglich, die Vorsorgevollmacht ohne Notar aufzusetzen – prinzipiell sogar handschriftlich, sofern man eine leserliche Schrift besitzt. Die notarielle Beglaubigung ist für die Gültigkeit der Vollmacht nicht zwingend notwendig, wenn es um Angelegenheiten geht, die Leib und Leben betreffen.
Anders sieht es aus, wenn Sie eine Immobilie besitzen oder mit einem Unternehmen selbstständig sind und dessen Angelegenheiten im Notfall in guten Händen wissen möchten. In solchen Fällen ist es zwingend notwendig, dass ein Notar die Vorsorgevollmacht beglaubigt. Dies ergibt sich aus den gesetzlichen Anforderungen zur Immobilien- und Geschäftsveräußerung.
Auch für Bankgeschäfte (Zugriff auf Konten / Girokonto und andere Vermögenswerte) ist ein notariell beglaubigtes Exemplar erforderlich.
Im Grunde macht eine Vorsorgevollmacht für jeden volljährigen Menschen Sinn. Schließlich kann man jederzeit in eine Notsituation geraten kann, in der man keine eigene Entscheidungen mehr treffen kann. Naturgemäß sollten vor allem Senioren ein entsprechendes Dokument vorhalten – durch alterstypische Krankheiten wie Alzheimer oder Demenz erhöht sich im Alter die Wahrscheinlch, plötzlich nicht mehr voll geschäftsfähig zu sein.
Liegt bei Eintritt der Entscheidungsunfähigkeit keine Vorsorgevollmacht vor, legt Paragraf 1896 BGB fest, dass ein Gericht einen gesetzlichen Betreuer bestimmen muss. Die betreuende Person muss nicht zwangsläufig ein enger Familienangehöriger sein. Für gewöhnlich benennt das Gericht eigens dafür beschäftigte Sozialarbeiter zu gesetzlichen Betreuern.
Fachautorin für Alter und Pflege
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