Im letzten Jahr hatte Jeder und Jede eigene, pandemiebedingte Baustellen, von denen man kaum mehr weiß, wie man sie bewerkstelligt hat und nach wie vor bewerkstelligt. Vor allem ein Großteil Angehöriger pflegebedürftiger Menschen, geht auch heute noch auf dem Zahnfleisch.
Wenn man sich anschaut, dass im Jahr 2020 die Kassen der Pflegeversicherung 21,1 Prozent weniger Leistungen für Tages- und Nachtpflege verzeichneten und die Kurzzeitpflege im Vergleich zum Vorjahr um 12,3 Prozent zurückgegangen ist, wird klar, wer die Arbeit erledigt hat: Die Angehörigen. Jene, die sich neben Arbeit und Kindern auch noch aufopferungsvoll um ihre Eltern und Großeltern kümmern.
Was für die deutschen Kassen erfreulich klingt, bedeutete für die Angehörigen einen enormen Mehraufwand. Hilfeleistungen, die von den Kranken- und Pflegekassen eigentlich bezahlt werden und die der Entlastung der pflegenden Verwandtschaft dienen sollen, wurden 2020 augenscheinlich weniger in Anspruch genommen. Doch wieso? Nicht etwa, weil die Angehörigen keine Hilfeleistungen benötigen würden, sondern schlicht und einfach deswegen, weil zahlreiche Angebote und Einrichtungen zu Beginn der Pandemie über Wochen hinweg geschlossen waren. Das Bundesgesundheitsministerium betitelt oben genanntes als einen „wohl im Wesentlichen pandemiebedingten Rückgang“.
Doch mit der permanenten Doppelbelastung der Angehörigen soll nun Schluss sein. Für diesen Mittwoch hat der Bundestag eine öffentliche Anhörung zur Pflege durch Angehörige angesetzt. Kordula-Schulz-Asche von den Grünen fordert angesichts der Thematik einen dringenden Ausbau der pflegerischen Infrastruktur, um „private Sorgearbeit der pflegenden Angehörigen“ zu unterstützen.
Doch auch bei der Verhinderungspflege sind Beschränkungen in Planung. Diese Pflege kommt zustande, wenn pflegende Angehörige durch einen Urlaub, oder andere Termine nicht in der Lage sind, sich um ihren Angehörigen zu kümmern und eine Ersatzbetreuung notwendig wird. Bisher bekommen pflegebedürftige Personen dafür 1612 Euro jährlich. Nach Vorstellungen des Ministeriums sollen künftig jedoch nur noch 40 Prozent stundenweise in Anspruch genommen werden können.
Pläne, die für Entrüstung in verschiedenen Verbänden gesorgt haben. Klaus Müller, der Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands, hält die Kürzungen für einen „Skandal“. Die meisten pflegenden Angehörigen seien sowohl auf die Tages- als auch auf die Verhinderungspflege angewiesen, weil sie auch noch einem Beruf nachgehen.
Die Aufgabe des Bundesgesundheitsministerium sei es, für die Hilfen zu sorgen, die zu pflegende Menschen und ihre Angehörigen benötigen – und nicht etwa, sie einfach zu kürzen.
Was gut klingt, scheint aber unter Umständen zu scheitern. Denn das Bundesgesundheits- ministerium rund um Jens Spahn scheint andere Pläne zu haben: Laut einem Papier, soll der Anspruch auf Tagespflege ab 1.Juli 2022 um sage und schreibe die Hälfte gekürzt werden, wenn zeitgleich Pflegesachleistungen beansprucht werden. Manche Anbieter würden aktuell das betreute Wohnen und die Tagespflege miteinander kombinieren. Ein Fehlanreiz, der beseitigt werden müsse.
Fachautorin für Alter und Pflege
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