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Pflegereform 2021:
 
Senkung des Eigenanteils geplant

Rund 800.000 Heimbewohnerinnen und Heimbewohner in Deutschland können aufatmen: Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) plant eine gestaffelte Entlastung von Pflegebedürftigen mit den Pflegegraden 2 bis 5. Wer längerfristig vollstationäre Pflegeleistungen erhält, darf auf einen Zuschuss von bis zu 75% zum pflegebedingten Eigenanteil hoffen. Anders als geplant kommt diese Reform allerdings nicht mit dem Pflegereformgesetz. Stattdessen soll die Entlastung als Teil des Gesetzesentwurfs „zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung“ (GVWG) am 11. Juni 2021 verabschiedet werden.

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Wer länger vollstationär gepflegt wird, bekommt höhere Zuschüsse

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und sein Ministerium planen dem Änderungsantrag zum GVWG nach, Pflegebedürftige beim pflegebedingten Eigenanteil zu entlasten. Das Ganze soll über Zuschüsse aus der Pflegeversicherung geschehen. Es würde sich bei den zu beschließenden Förderungen also um neue Leistungen aus der Pflegekasse handeln. Die Höhe des Zuschusses hängt dabei von der Dauer der vollstationären Pflege ab.

Begünstigt werden Pflegebedürftige mit den Pflegegraden 2 bis 5, die sich länger als 12 Monate in vollstationärer Pflege befinden. Bei einer Pflegedauer von mehr als 12 Monaten soll der Zuschuss 25 Prozent betragen. Ab 24 Monaten Aufenthalt im Pflegeheim wird der Zuschuss auf 50 Prozent aufgestockt. Denjenigen, die länger als 36 Monate vollstationäre Pflegeleistungen beziehen, soll der Eigenanteil mit bis zu 75 Prozent bezuschusst werden.

Eigenanteile stark gestiegen – Mehrkosten von 2,6 Milliarden Euro

Mit dieser Förderung durch die Pflegeversicherung soll den zuletzt jährlich gestiegenen Eigenanteilen in der stationären Pflege entgegengewirkt werden. Im bundesdeutschen Durschnitt beträgt der Eigenanteil, den Pflegebedürftige für den Platz im Pflegeheim bezahlen, circa 2.068 Euro. Davon entfallen durchschnittlich 831 Euro auf die pflegebedingten Kosten.

Die geplanten Zuschüsse würden für Pflegebedürftige eine Entlastung von durchschnittlich bis zu 600 Euro bedeuten. Finanzieren will das Bundesgesundheitsministerium den Mehraufwand von circa 2,6 Milliarden Euro jährlich über eine Erhöhung des Beitragssatzes für die Pflegeversicherung. So sollen Kinderlose zukünftig 0,1 Beitragssatzpunkte mehr zahlen, um die gestiegenen Pflegekosten abzufangen.

Pflegereformgesetz nicht mehr zu realisieren – Caritas übt Kritik

Ursprünglich war die Entlastung von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen als Teil des Pflegereformgesetzes geplant. Doch nach derzeitigem Stand lässt sich das Gesetzespaket vor Ende der Legislaturperiode im September 2021 nicht mehr umsetzen. Deshalb hat sich das Bundesgesundheitsministerium dazu entschieden, die Entlastung über das GVWG anzuschieben.

Neben dem pflegebedingten Eigenanteil müssen Pflegebedürftige in vollstationärer Pflege Eigenanteile für die Verpflegung sowie zu den Investitionskosten leisten. Gerade diese Kosten können je nach Standort des gewählten Pflegeheims stark variieren.

Je älter die Bausubstanz, desto höher fallen vor allem die Investitionskosten aus. Gerade in Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen oder dem Saarland sind diese Eigenanteile sehr hoch, weshalb die Eigenanteile für Pflegebedürftige kaum aus der durchschnittlichen Rente finanzierbar sind.

Pflegebedürftige, die ihre Angehörigen nicht belasten wollen und sichergehen wollen, dass sie die Eigenanteile aus ihrem eigenen Vermögen zahlen können, tun also gut daran, sich auch an anderen Orten nach Pflegeheimen umzuschauen. Gerade zu Zeiten, in denen die Kinder berufsbedingt im gesamten Bundesgebiet verstreut sind, kann es sich lohnen, sich in weniger teuren Ecken Deutschlands nach einem Heimplatz umzusehen.

An den hohen Eigenanteilen und an der Staffelung der Zuschüsse übt unter anderem die Caritas Kritik. Laut Erhebungen aus dem Jahr 2017 betrug die durchschnittliche Verweildauer in Pflegeheimen 18 Monate. Eine Staffelung würde für viele Pflegebedürftige bedeuten, die höheren Zuschüsse gar nicht in Anspruch nehmen zu können. Deshalb verlangen die Caritas und weitere Verbände eine vollständige Übernahme der Eigenanteile.

Verpflichtung zur Tariftreue für Pflegeheime geplant

  • Die ursprünglich von Minister Spahn vorgesehenen Änderungen sahen auch eine Beteiligung der Bundesländer vor, die für jeden Heimbewohner und jede Heimbewohnerin einen Zuschuss von 100 Euro zu den Investitionskosten leisten sollten. Außerdem haben sowohl das Bundesgesundheitsministerium als auch das Bundesarbeitsministerium, auf Initiative von Arbeitsminister Hubertus Heil, Entwürfe vorgelegt, nach denen Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung an Tariftreue gekoppelt werden sollen. Demnach sollen nur diejenigen Pflegeheime Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung erhalten, die ihre Pflegekräfte nach in der Pflege anerkannten Tariflöhnen bezahlen.

    Um aus den höheren Löhnen keine Belastung für die Pflegebedürftigen abzuleiten, soll der Bund zukünftig die Rentenversicherungsbeiträge für Angehörige übernehmen, die einen Pflegebedürftigen zuhause pflegen. Damit würde die Pflegeversicherung finanziell entlastet werden, die diese Beiträge bislang trägt.

    Die Änderungen sollen durch den Beschluss des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung am 11. Juni 2021 vom Bundestag verabschiedet werden, nachdem der Tagesordnungspunkt im Gesundheitsausschuss am 21. Mai 2021 abgesetzt wurde.

Datum: 10.03.2023 | Verfasser: Claudia Felbermeyer | Kategorie:  | | | Tags:  | |  

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    Claudia Seefeld

    Fachautorin für Alter und Pflege

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